Wenn die Ahrntaler vom Übergehen reden, meinen sie die Überquerung des Alpenhauptkamms vom Tale aus über eines der Ahrntaler Jöcher, die ins Zillertal oder in den Pinzgau hinüber führen. Der am meisten benutzte Passweg war der Übergang über den Krimmler Tauern. ...mehr
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Das Ahrntal ist an drei Seiten von hohen Bergen umgeben und scheint abgeschlossen. Die Talbewohner haben früher diese Lage nicht als Abgeschlossenheit empfunden, sondern über die Ahrntaler Jöcher mit dem Zillertal und dem Salzburger Pinzgau Kontakt gehalten. Viel begangene Übergänge waren neben jenem über den Krimmler Tauern das Hörndle, das Mitterjoch, das Hundskehljoch und das Heiliggeist-Jöchl.
Der Warenverkehr
Wenn wir den bronzezeitlichen Betrieb des Prettauer Bergwerks annehmen, gehörte Kupfer oder Kupfererz zu den wichtigsten Waren, die über den Tauern gingen. Die Salzversorgung des Ahrntals könnte sehr früh schon zumindest teilweise über den Tauern erfolgt sein, solange Salz aus Hallein eingeführt werden durfte. Die erste genauere Auflistung der Waren, die über die Ahrntaler Jöcher transportiert wurden, liefert die Zolltafel in Taufers von 1652. Da ist als erstes Gut der Wein genannt, dann folgen unter anderem Loden, Vieh, Kupfer, Öl, Bettfedern, Felle und Häute, Seife, Gewürze oder Käse.
Schmuggler und ihre Waren
Im unwegsamen Hochgebirge war das Risiko, als Schmuggler ertappt zu werden, gering. Zu einem wahren Schmugglerparadies wurde der Alpenhauptkamm, als er 1919 Staatsgrenze zwischen Italien und Österreich wurde. Nach den Weltkriegen wurden Lebensmittel vom Ahrntal nach Österreich geschmuggelt, weil die Versorgungslage dort dramatischer war als in Italien. Danach schmuggelte man Waren ins Ahrntal herüber, die in Österreich billig und in Italien als Monopolwaren des Staates teurer waren, wie Zigaretten, Tabak, Feuersteine für Feuerzeuge und Saccharin.
Das in Österreich begehrteste Südtiroler Schmuggelgut war der Wein, vor allem der minderer Qualität, weil er preislich konkurrenzlos war.
Zu Kriegsende über den Tauern
Am Ende des Zweiten Weltkriegs kamen Angehörige der Deutschen Wehrmacht auf der Flucht vor den Amerikanern ins Ahrntal und machten sie sich zu Fuß auf den Weg über eines der vielen Ahrntaler Jöcher. Dabei sind nicht wenige umgekommen, weil sie die Gefahren des Hochgebirges unterschätzt haben. Wenig später kamen Südtiroler, die aus dem Krieg heimkehrten auf dem umgekehrten Weg ins Ahrntal. Teilweise gelang es ihnen so, der Gefangenschaft zu entgehen.
Der größte Zug über den Tauern fiel in den Sommer 1947. Tausende von Juden, die die Vernichtungslager der Nazis überlebt hatten, überquerten die Grenze nach Italien von Salzburg aus, um nach Palästina zu gelangen. Heute erinnert eine Gedenktafel am Tauern an den Flüchtlingszug.